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Suzanne: Eine Kämpferin, die Brustuntersucherin werden will, um den Krebs zu bekämpfen

Ein Artikel von Isabel Garcia-Gill

«Meine Zeit geben, um das Leben anderer Frauen zu verbessern, ist kein Job, sondern eine Leidenschaft. Ich vermisse mein Augenlicht, aber ich weiß, dass ich meine besondere Begabgung und meinen positiven Sinn für das Leben einbringen kann.», sagt Suzanne über ihre Ausbildung zur Manuell Taktilen Untersucherin (MTU), einer Expertin für die Palpation, beim Schweizer Verein pretac+ für taktile Brustkrebsvorsorge.

Ziel der von Dr. Hoffmann, einem deutschen Gynäkologen, entwickelten Methode «discovering hands®» ist es, sehbehinderte oder blinde Frauen darin zu schulen, ihre taktile Sensibilität zu schärfen. Sobald sie ihre Ausbildung abgeschlossen haben, können sie selbst kleinste Unregelmäßigkeiten abtasten und erkennen, um die Brustkrebserkennung zu verbessern. Die Methode hat sich bereits in Deutschland, Österreich, Mexiko, Kolumbien und Indien bewährt. In der Schweiz kommt das Projekt trotz der Hindernisse durch die Covid-19-Pandemie gut in Gang.

 

Eine Reise mit vielen Tücken

Heute, mit 54 Jahren, ist Suzanne auf beiden Augen fast blind, sie und ihre Schwester wurden mit der gleichen degenerativen Netzhauterkrankung geboren. Suzanne hat nie aufgegeben, nach einem Job als Telefonistin und einer Karriere als Masseurin möchte sie ihre Aktivitäten erweitern, indem sie zur Früherkennung von Brustkrebs beiträgt.

Ihre Sehbehinderung machte ihr das Leben in der Schule schwer, doch dank der Unter­stützung des Sozialdienstes der Augenklinik konnte sie ihre Schullaufbahn in einer Blinden­schule in Lausanne beginnen, wo sie unter anderem die Brailleschrift erlernte. Doch erst im Alter von 13 Jahren, als ihre Lehrerin blind war, begann sie, täglich die Blindenschrift zu benutzen und lernte, mit ihren zehn Fingern zu tippen.

Mobilität und Unabhängigkeit

Als Teenager wollte Suzanne so sein wie alle ihre Freundinnen, sie weigerte sich, den weißen Stock zu benutzen und versuchte, sich so gut es ging zurechtzufinden. Doch mit 16 Jahren wurde sie von einem Auto angefahren und landete im Krankenhaus. Nach diesem Unfall nahm sie den Stock in die Hand und lernte, damit in Geschäfte zu gehen, die öffent­lichen Verkehrsmittel in Lausanne und sogar den Zug zu benutzen.

Im Alter von 16 bis 19 Jahren absolvierte Suzanne eine Berufsausbildung für junge Behinderte in der Nähe von Yverdon und wurde Telefonistin. Sie heiratet mit 21, lässt sich scheiden und beginnt einige Jahre später ein neues Leben mit dem Vater ihrer Kinder, einem «liebenswerten Metzger», der sie glücklich macht und ihre Unabhängigkeit respektiert.

Ein Lächeln auf den Lippen

Die Kämpferin, Mutter von zwei Kindern, einem 19-jährigen Jungen und einem 14-jährigen Mädchen, wurde als Tochter eines italienischen Vaters und einer spanischen Mutter in Lausanne geboren. Sie bewegt sich mit Leichtigkeit und trägt ihren weißen Stock. Immer mit einem Lächeln im Gesicht wartet sie sehnsüchtig auf ihren zweiten Begleithund, der im Frühjahr kommen soll.

Derzeit ist sie zufrieden, auf ihrem Computer beide Optionen zu haben: die Braillezeile und die Audiotranskription. Das Einzige, das sie wirklich vermisst, ist ein kleiner Laptop und ein Brailledrucker für zu Hause. So kann sie die Technologie auch unterwegs nutzen: im Zug oder anderswo ein Buch lesen, die Zeitung anschauen oder ihre Lektionen nachlesen. Suzanne ist sehr unabhängig und dynamisch.

Von 1987 bis 1994 arbeitete sie bei der Regionaltelefondirektion in Lausanne. Leider fühlte sie sich in diesem Unternehmen nicht mehr nützlich und ihr Beruf verschwand teilweise durch die Digitalisierung.

Sich nützlich fühlen

Suzanne ist eine fleissige Arbeiterin, die immer versucht, hilfreich zu sein und neue Wege zu gehen. 1992 absolvierte sie ihre erste Ausbil­dung zur Masseurin. Sie praktiziert, aber das Einkommen ist unregelmäßig. Seit acht Jahren ist sie Mitglied der Groupe Espace Détente, im Rahmen des Paléo-Festivals.

In der Asse-Ebene bietet sie mit einigen Kolleginnen und Kollegen 20-minütige Massage­sitzungen für Mitarbeiter und die Öffentlichkeit an. «Es ist eine sehr herzliche Atmosphäre und eine wunderbare Erfahrung!», ruft Suzanne mit einem Anflug von Sehnsucht aus.

Eine würdige und hilfreiche Tätigkeit

Für sie ist die Tätigkeit als MTU nicht weit von der Arbeit einer Masseurin entfernt, aber sie fügt ihrem Bogen eine weitere Saite hinzu, stellt sich einer Herausforderung und begibt sich in ein neues menschliches Abenteuer. «Ich werde in der Lage sein, bereichernde Bezie­hungen zu Patienten zu pflegen und vertrau­ensvolle Beziehungen zu Ärzten aufzubauen. Es kann eine sehr lohnende Tätigkeit sein», sagt Suzanne.

Sie gehört zur ersten Gruppe von fünf blinden oder sehbehinderten Kandidatinnen für die pretac+ Ausbildung zur Manuell Taktilen Untersucherin (MTU), die alle ihre Eignungs­tests bestanden haben und den Unterricht im Maison du Bonheur in der Nähe des Genfer Bahnhofs Cornavin beginnen werden, sobald es die Corona-Situation erlaubt.

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